Paradoxon – Definition, Wirkung und verschiedene Formen

15.07.24 Alle Stilmittel Lesedauer: 8min

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In der Sprache sorgen sprachliche und rhetorische Mittel mithilfe ihrer zahlreichen Ausdrucksformen dafür, dass die Sprache lebendig und vielseitig wird. Eine dieser besonderen Ausdrucksformen ist das Paradoxon. Dieses Stilmittel benutzt widersprüchliche Aussagen, die dennoch eine tiefere Wahrheit oder Erkenntnis offenbaren. In diesem Beitrag wird die Definition, Verwendung und Wirkung des Stilmittels und sein Einsatz als rhetorisches und sprachliches Mittel erklärt.

Paradoxon „einfach erklärt“

Als Paradoxon wird ein Satz oder eine Aussage bezeichnet, die sich selbst widerspricht und deshalb unlogisch erscheint, aber eine tiefere Bedeutung und Wahrheit verbirgt.

Definition: Paradoxon

Ein Paradoxon ist ein Stilmittel, welches als eine Aussage auftritt, die widersprüchlich zu sein scheint. Bei näherer Auseinandersetzung mit der Aussage und deren Bedeutung, wird verständlich, dass damit eine wichtige Bedeutung beziehungsweise Wahrheit ausgedrückt wird. Mit einem Paradoxon wird häufig versucht, Aufmerksamkeit zu erregen, die Leser zum Nachdenken anzuregen oder eine überraschende Erkenntnis mitzuteilen.

Der Begriff „Paradoxon“ stammt vom griechischen Wort „parádoxos“ (παράδοξος) ab, welches sich aus den Bestandteilen „pará“ (παρά) und „dóxa“ (δόξα) zusammensetzt. Aus dem Griechischen übersetzt, kann „pará“ als „gegen“ oder „wider“ und „dóxa“ als „Ansicht“ oder „Meinung“ übersetzt werden. Zusammengesetzt bedeutet „parádoxos“ so viel wie „der gewöhnlichen Meinung zuwiderlaufend“ oder „wider Erwarten“. Diese Herkunft des Begriffs zeigt also schon die Bedeutung des Stilmittels.

In der Literatur und Philosophie werden mithilfe dieses Stilmittels komplexe Ideen vermittelt. Dadurch werden Leser dazu angeregt, über die scheinbaren Widersprüche nachzudenken, um deren zugrundeliegende Wahrheit zu entschlüsseln und ein Verständnis der grundlegenden Konzepte und philosophischen Fragen zu entwickeln.

Beispiele

  • Ich weiß, dass ich nichts weiß.
  • Weniger ist mehr.
  • Das einzig Beständige ist die Veränderung.

In allen drei Beispielen scheinen die Aussagen zunächst widersprüchlich und ergeben keinen Sinn. Bei näherem Betrachten fällt jedoch auf, dass alle drei Aussagen eine tiefere Bedeutung aufweisen.

„Ich weiß, dass ich nicht weiß“ ist ein Zitat von Sokrates, das aussagt, dass wahre Weisheit darin besteht, seine eigenen Wissensgrenzen zu erkennen. Denn nach Sokrates ist es nicht möglich, ein vollständiges Wissen ohne Zweifel erlangen.

„Weniger ist mehr“ drückt aus, dass Einfachheit meist wirkungsvoller ist als ein Überfluss an Dingen, da sie oft zu besseren und nachhaltigen Ergebnissen führt. Andererseits kann der Ausdruck so interpretiert werden, dass eine geringe Anzahl mit hoher Qualität einer großen Anzahl mit geringerer Qualität überlegen ist.

„Das einzig Beständige ist die Veränderung“ betont die Tatsache, dass Veränderungen die einzige Konstante in unserem Leben sind.

Wortfamilie

Der Fachbegriff Paradoxon hat noch weitere Wörter in seiner Wortfamilie. Da es sich bei dem Begriff um ein Fremdwort handelt, ist es wichtig, sich auch mit den anderen Wörtern auseinanderzusetzen, damit man diese auch korrekt anwenden kann.

  • Paradoxa (Substantiv, Plural)

Dies ist der Plural von „Paradoxon“, der genau dieselbe Bedeutung hat.

Beispiele

  • Das Leben ist voller Paradoxa, die unsere Erwartungen und Annahmen herausfordern.
  • Verwende Paradoxa in deiner Rede, um die Zuhörer zum Nachdenken anzuregen.
  • Philosophen nutzen Paradoxa, um die Grenzen unseres Verständnisses zu erweitern.
  • Paradoxie (Substantiv, feminin)

Das Substantiv bezeichnet den Zustand oder die Eigenschaft, paradox zu sein.

Beispiele

  • Deine Erklärung enthält eine Paradoxie, die auf den ersten Blick keinen Sinn ergibt.
  • Die Paradoxie der Moderne ist, dass die digitale Kommunikation zu mehr Isolation führt.
  • Die Paradoxie eines Krieges besteht darin, dass man Frieden durch Gewalt erzwingen will.

Das Adjektiv wird verwendet, um eine Aussage oder Situation zu beschreiben, die widersprüchlich erscheint, aber dennoch eine tiefgründige Bedeutung enthält.

Beispiele

  • Es erscheint paradox, dass der Minimalismus oft mehr Zufriedenheit bringt als Überfluss.
  • Der Film war voller paradoxer Wendungen, die den Zuschauer immer wieder überraschten.
  • Es ist paradox, dass sich manche am einsamsten fühlen, wenn sie von vielen umgeben sind.
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Wirkung

Paradoxa haben verschiedene Wirkungen, die in unterschiedlichen Kontexten entfaltet werden können. Sie regen unter anderem zum Nachdenken an, indem eine intellektuelle Spannung ausgelöst wird. Diese spornt dazu an, eine neue Perspektive zu entwickeln, weil über den vermeintlichen Widerspruch hinaus gedacht wird. Damit können auch neue Erkenntnisse gewonnen werden, die zuvor unerkannt blieben.

Da ein Paradoxon konventionelle Denkmuster durchbricht, kann es kreatives Denken fördern. Dadurch können sich neue Möglichkeiten und Ideen eröffnen, die zu innovativen Lösungen oder Ansätzen führen, sowohl in der Kunst als auch in der Wissenschaft. Ferner offenbaren Paradoxa Widersprüche des Wissens und fordern einen somit heraus, ständig nach tieferem Wissen zu streben.

Zusammenfassend lassen sich folgende Wirkungen festhalten:

  • Anregung zum Nachdenken
  • Entwicklung neuer Perspektiven
  • Fördern kreativen Denkens
  • Streben nach tiefgründigerem Wissen

Formen

Das Paradoxon kann nicht nur als Stilmittel auftreten, sondern auch in anderen Kontexten, weswegen zwischen verschiedenen Formen des Paradoxons unterschieden wird. Auch bei anderen Formen ist das Paradoxon durch seine Widersprüchlichkeit charakterisiert. Jedoch kann es, anders als beim Stilmittel, vorkommen, dass es keine klare Lösung oder Antwort auf die paradoxe Frage oder Situation gibt, weshalb sie auch unlösbare Paradoxa genannt werden.

Logische Paradoxa

Unter logischen Paradoxa werden Widersprüche, die durch Negation auf Selbstbezüglichkeit oder Zirkelschlüssen entstehen, verstanden.

Beispiel: Barbier-Paradoxon

In einem Dorf lebt ein Barbier mit einer Regel: „Er rasiert alle Männer im Dorf, die sich nicht selbst rasieren, und nur diese Männer.“

Stellt man sich die Frage, ob der Barbier sich selbst rasiert, ergeben sich zwei Möglichkeiten:

  1. Wenn der Barbier sich selbst rasiert, widerspricht er seiner Regel, dass er nur die Männer rasiert, die sich nicht selbst rasieren.
  2. Wenn der Barbier sich nicht selbst rasiert, muss er sich gemäß der Regel rasieren, da er zu den Männern gehört, die sich nicht selbst rasieren.

Es entsteht bei beiden Möglichkeiten ein nicht lösbarer Widerspruch.

Beispiel: Russellsche Antinomie

Ein weiteres bekanntes Beispiel ist die Russellsche Antinomie. Dieses bekannte Paradoxon beschreibt eine paradoxe Situation, in der wir die Menge aller Mengen betrachten, die sich selbst nicht enthalten.

Diese Menge nennen wir R.

  • Wenn R sich selbst enthält, widerspricht dies der Definition, dass R nur Mengen enthält, die sich selbst nicht enthalten.
  • Wenn R sich selbst nicht enthält, muss sie sich gemäß ihrer Definition enthalten.

Durch diese Widersprüchlichkeit wird deutlich, dass die durch die Russellsche Antinomie hervorgerufene Menge ein logisches Paradoxon ist.

Metaphysische Paradoxa

Bei metaphysischen Paradoxa ist es schwierig bis unmöglich, etwas vollständig zu begreifen, weil es über die Grenzen unseres Verstandes und unserer Vorstellungskraft hinausgeht. Deshalb stößt unsere Vorstellungskraft auch an die Grenzen unserer logischen Systeme, wenn wir über bestimmte metaphysische Konzepte nachdenken. Dadurch entstehen dann unlösbare Paradoxa.

Beispiel: Unendlichkeit der Zeit

Der menschliche Verstand kann sich weder vorstellen,

  • dass die Zeit unendlich in die Vergangenheit zurückreicht,
  • noch dass es einen Anfang gegeben hat.

Denn wenn es einen Anfang gibt, müssen wir uns fragen, was vor diesem Anfang war.

Anhand dieser widersprüchlichen Vorstellung von unendlicher Zeit und einem Anfangspunkt der Zeit wird erkennbar, dass die kognitiven Fähigkeiten des Menschen nicht ausreichen, um solche komplexen Konzepte vollständig zu erfassen. Denn beide dieser Möglichkeiten führen zu Fragen, die wir nicht zufriedenstellend beantworten können.

Es ist die Unfähigkeit, beide Möglichkeiten vollständig zu begreifen oder logisch zu erklären, die die Aussage paradox macht.

Physikalische Paradoxa

Ein physikalisches Paradoxon tritt in der Wissenschaft auf, wenn Ergebnisse von Beobachtungen oder Theorien unseren Erwartungen oder unserem Verstand widersprechen.

Beispiel: Fermi-Paradoxon

Der Physiker Enrico Fermi hat festgestellt, dass Menschen noch nie auf außerirdisches Leben gestoßen sind oder es keine Beweise für ihre Existenz gibt. Diese Annahme widerspricht der Annahme, dass es in unserer Galaxie wahrscheinlich noch andere außerirdische Zivilisationen gibt. Deshalb hat Fermi sich gefragt:

„Wenn außerirdische Zivilisationen wirklich existieren, warum sind sie dann nicht auch hier?“

Semantische Paradoxa

Diese Art von Paradoxon bezieht sich auf Widersprüche in der Bedeutung oder Interpretation von Zeichen beziehungsweise Wörtern. Deshalb sollte man immer die Präzision unserer Klarheit bedenken, da es sonst zu Widersprüchen in der sprachlichen Kommunikation kommen kann.

Beispiel: Grelling-Nelson-Paradoxon

Ein bekanntes semantisches Paradoxon-Beispiel ist das Grelling-Nelson-Paradoxon. Dieses bezieht sich auf die Definition der Begriffe „heterologisch“ und „autologisch“.

  • Ein Begriff ist heterologisch, wenn er sich nicht selbst beschreibt, wie zum Beispiel das Wort „lang“, weil es selbst nicht lang ist.
  • Ein Begriff ist autologisch, wenn er sich selbst beschreibt, wie beispielsweise das Wort „kurz“, weil es kurz ist.

Dann ist aber die Frage, ist der Begriff „heterologisch“ selbst heterologisch? Darauf gibt es zwei Antwortmöglichkeiten:

  1. Wenn „heterologisch“ heterologisch ist, beschreibt der Begriff sich nicht selbst, weshalb er automatisch autologisch ist.
  2. Wenn „heterologisch“ jedoch autologisch ist, beschreibt der Begriff sich selbst, was aber bedeuten würde, dass er heterologisch wäre.

Abgrenzung zu ähnlichen Stilmitteln

Es gibt ähnliche Stilmittel, die wie das Paradoxon einen Gegensatz ausdrücken. Die folgende Tabelle hilft dir diese Stilmittel vom Paradoxon abzutrennen, da dies nicht immer so leicht ist.

Stilmittel Unterschied Beispiel
Antithese Eine Antithese stellt Gegensätze direkt gegenüber, dabei ist der Widerspruch nur inhaltlich. „Himmel und Hölle“
Ironie Ironie drückt den Gegensatz zwischen dem, was gesagt wird und dem, was gemeint ist, aus. „Das hast du ja großartig gemacht!“
Oxymoron Ein Oxymoron ist eine kurze Kombination von widersprüchlichen Begriffen. „Bittersüß“
Chiasmus Ein Chiasmus betont Kontraste durch eine klare, spiegelbildliche Struktur ohne Widersprüche. „Die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben.“

Übungen

Wenn du dir nach wie vor unsicher bist, wie du ein Paradoxon von anderen Stilmitteln unterscheidest, kannst du das folgende Übungsblatt herunterladen und damit die Unterscheidung von Stilmitteln üben.

Paradoxon - Übungsblatt
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Paradoxon - Lösungsblatt
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Häufig gestellte Fragen

Ein Paradoxon ist eine scheinbar widersprüchliche Aussage, die bei genauerem Betrachten eine tiefere Bedeutung offenbart. Dadurch wird der Verstand herausgefordert, um die tiefergehenden Zusammenhänge erkennen zu können. Es wird aber je nach Kontext zwischen verschiedenen Formen von Paradoxa unterschieden, denn neben dem sprachlichen Paradoxon gibt es noch logische Paradoxa, metaphysische Paradoxa, physikalische Paradoxa und semantische Paradoxa.

Ja, der Unterschied liegt darin, dass eine Antithese Gegensätze direkt gegenüberstellt, um einen Kontrast zu betonen, während ein Paradoxon mit einer scheinbar widersprüchlichen Aussage eine bedeutsame Wahrheit ausdrückt.

Ein Paradoxon ist eine zunächst widersprüchliche Aussage, die eine wesentliche Wahrheit enthält.

Ja, bekannte Paradoxon-Beispiele lauten:

  • Weniger ist mehr.
  • Ich weiß, dass ich nichts weiß.

Ein Paradoxon kann man daran erkennen, dass es eine Aussage oder eine Situation ist, die auf den ersten Blick widersprüchlich und unlogisch erscheint. Betrachtet man die Aussage dann genauer, kann man eine tiefere Wahrheit oder einen komplexen Zusammenhang erkennen, der scheinbare Widersprüche auflöst.