Wer eine wissenschaftliche Arbeit verfasst, muss sich früher oder später Gedanken darüber machen, ob Personalpronomen darin genutzt werden dürfen. In der Umgangssprache sind Worte wie „ich“, „man“ und „wir“ so verbreitet, dass es schwerfällt, sie aus der geschriebenen Sprache zu streichen. In wissenschaftlichen Arbeiten ist das jedoch dringend erforderlich.
Definition: Personalpronomen
Personalpronomen sind Fürwörter, die eine oder mehrere bestimmte Personen bezeichnen. Das können beispielsweise der Sprechende oder der Angesprochene sein, aber auch Menschen, über die gesprochen wird. Nötig werden Personalpronomen vorrangig dann, wenn eine Person oder Personengruppe angesprochen oder über sie gesprochen werden soll. Sie werden genutzt, um subjektive Ansichten auszudrücken und von Erlebnissen zu erzählen und um Zusammenhänge zu und zwischen anderen Menschen darzustellen.1
Verwendung des Personalpronomens „ich“
Ein echtes Verbot von Personalpronomen in wissenschaftlichen Arbeiten existiert nicht. Dennoch raten die meisten Universitäten in ihren Richtlinien davon ab, sie zu verwenden. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Situationen, in denen beispielsweise das Personalpronomen „ich“ deutlich erwünscht ist, beispielsweise beim Schreiben einer Danksagung oder persönlichen Reflexion. Es macht daher Sinn, dich in der Prüfungsordnung darüber zu informieren, ob Personalpronomen an deiner Universität und in deinem Fachbereich erlaubt sind oder nicht.
Solltest du die Ich-Form vermeiden müssen, erreichst du das auf verschiedenen Wegen. Der gängigste ist die Nutzung von Passivkonstruktionen, wie sie in diesem Beispiel angewandt wird:
Die subjektive Wertung des Personalpronomens „ich“
Eine wissenschaftliche Arbeit basiert auf Fakten, Beobachtungen und Schlussfolgerungen, die möglichst objektiv und rational sein sollten. Das Personalpronomen „ich“ steht dazu im absoluten Gegensatz: Mit „ich“ werden meistens persönliche Vorlieben und Abneigungen, Meinungen und subjektive Ansichten ausgedrückt. Diese sind in einer wissenschaftlichen Arbeit ausdrücklich nicht erwünscht, denn sie könnten die Forschungsarbeit und die daraus entstehenden Ergebnisse verfälschen.
Du solltest das Personalpronomen „ich“ also in erster Linie vermeiden, da es den Eindruck erweckt, du könntest keine Distanz zwischen dir und deinen Untersuchungen schaffen. Ausgenommen sind von dieser Regel Textstellen, die in ihrer Natur einen persönlichen Bezug haben. Dazu zählen beispielsweise das Vorwort und die Danksagung, aber auch die Reflexion deiner Methodik, Textstruktur und eines persönlichen Erlebnisses. Allerdings solltest immer die Vorgaben deiner Hochschule dabei beachten.
„Ich“ in wissenschaftlichen Arbeiten
Dass du als Verfasser deiner Arbeit in ihr auftrittst, lässt sich nicht vermeiden. Das steht außer Frage, immerhin hast du die Forschungsfrage gestellt, die Forschung durchgeführt und Schlussfolgerungen aus deinen Ergebnissen gezogen. Das Personalpronomen „ich“ vollständig zu verbieten, ist daher gar nicht möglich. Es muss jedoch zwischen Situationen unterschieden werden, in denen die Ich-Form wissenschaftlich ist und solche, in denen dies nicht gilt.
- Autobiografische und subjektive Aussagen werden vom sogenannten „Erzähl-Ich“ getroffen. Die Verwendung der Ich-Form gilt hier als unseriös und wissenschaftlich inkorrekt. Ein einfaches Beispiel dafür ist der Satz:
- Erlaubt ist hingegen die Verwendung des „Verfasser-Ichs“. Das Personalpronomen „ich“ wird hier genutzt, um das eigene methodische Vorgehen oder die Textstruktur zu erklären. Ein Beispiel dafür ist:
- Zuletzt gibt es das „Forscher-Ich“, welches reflektiert, einordnet, schlussfolgert und begründet. Dies gilt ebenfalls als wissenschaftlich.2 Ein Beispiel dafür wäre der Satz:
Auch in Vorworten und Danksagungen kann auf das Personalpronomen „ich“ zurückgegriffen werden, denn sie unterliegen als persönliche Texte anderen Anforderungen als der wissenschaftliche Hauptteil der Arbeit. Dennoch sollte eine umgangssprachliche Tonalität vermieden werden.
Das Personalpronomen „ich“ vermeiden
Trotz dieser wissenschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten gehst du immer am sichersten, wenn du das Personalpronomen „ich“ so weit wie möglich vermeidest. Dazu kannst du deinen Satz beispielsweise durch das Passiv, die Nominalisierung oder eine Personifikation umstrukturieren. Auch Konstruktionen mit „lassen“ und „sich“ beziehungsweise „sein“ und „zu“ ergeben in vielen Fällen Sinn.
Vermeidung weiterer Personalpronomen
„Ich“ ist nicht das einzige Personalpronomen, das in wissenschaftlichen Arbeiten vermieden werden sollte. Auch Sätze, die „wir“, „man“ oder eine direkte Ansprache enthalten, gelten als stilistisch nicht korrekt. Meist liegt das an der fehlenden Präzision des Ausdrucks.
Vermeidung des Personalpronomens „wir“
Früher war es üblich, den Pluralis Majestatis „wir“ auch in wissenschaftlichen Arbeiten zu verwenden, um eine größere Gruppe Menschen oder gar die ganze Menschheit zu beschreiben. Heute gilt dies jedoch als veraltet, da Sätze durch dieses Personalpronomen als subjektiv oder pauschalisierend angesehen werden können. Beispiele für korrekte Umformulierungen können sein:
Wichtig: Ist das Personalpronomen „ich“ an einer Hochschule zugelassen und wurde die wissenschaftliche Arbeit von mehreren Personen verfasst, muss das Personalpronomen „wir“ selbstverständlich nicht vermieden werden.
Vermeidung des Personalpronomens „man“
Neben „ich“ und „wir“ sollte auch das Personalpronomen „man“ vermieden werden, da es in vielen Sätzen verallgemeinernd wirkt. Gerade in der Wissenschaft wird eine möglichst präzise Ausdrucksweise erwartet, die von dem Wort „man“ nicht gewährleistet werden kann: wer genau damit gemeint ist, bleibt zumeist unklar. Nenne deshalb entweder konkrete Namen oder weiche auf eine andere Satzkonstruktion aus. Folgende Beispiele können im Zweifelsfall eine Formulierungshilfe bieten:
Direkte Ansprache des Lesers vermeiden
Die Lesenden direkt anzusprechen kann sehr verlockend sein, wenn du beispielsweise auf einen anderen Teil deiner Arbeit verweisen möchtest. Dennoch solltest du die direkte Ansprache vermeiden, da sie als stilistisch veraltet gilt. Deine Alternativen sind dieselben wie bei den anderen Personalpronomen, beispielsweise Passivsätze, Nominalisierungen oder die Personifikation des Textes.
Personalpronomen in englischen Arbeiten
In einigen Studiengängen wird das Verfassen der Abschlussarbeit in englischer Sprache verlangt. Dann gelten dieselben Regeln für die Nutzung der Personalpronomen wie in der deutschen Sprache: Auch „I“, „we“ und „you“ sind nicht erlaubt. Ausnahmen stellen erneut Vorworte, Danksagungen und in einigen Fällen Ausführungen zur Textstruktur oder Methodik dar.
Häufig gestellte Fragen
Die Nutzung von Personalpronomen in der Abschlussarbeit ist nicht verboten, doch die meisten Universitäten raten dazu, sie zu vermeiden.
Ein korrekter wissenschaftlicher Schreibstil zeichnet sich vor allem durch seine Objektivität und Neutralität aus. Hierzu bildet die „Ich“-Form einen eindeutigen Widerspruch, da mit ihr zumeist subjektive Meinungen und Erfahrungswerte ausgedrückt werden.
Um keine Personalpronomen verwenden zu müssen, empfehlen sich verschiedene Satzkonstruktionen wie Nominalisierungen, passive Sätze oder die Personifikation des Textes.
Die direkte Ansprache der Lesenden gilt grundsätzlich als Verstoß gegen den wissenschaftlichen Schreibstil.
Auch „man“ gilt als Personalpronomen. Es sorgt häufig für unspezifische, verallgemeinernde Ausdrücke, die in wissenschaftlichen Arbeiten nicht erwünscht sind.
Quellen
1 DWDS: Personalpronomen, in: DWDS, o.D., [online] https://www.dwds.de/wb/Personalpronomen (abgerufen am 23.09.2022)
2 Universität Mannheim Abteilung VWL: Ich, man, wir? – Möglichkeiten der Selbstreferenz, in: Universität Mannheim, 10.08.2015, [online] https://www.vwl.uni-mannheim.de/media/Fakultaeten/vwl/Dokumente/Leitfaden_Selbstreferenz.pdf (abgerufen am 23.09.2022)