Die Modi Konjunktiv I und Konjunktiv II sind wichtige Sprachwerkzeuge, um deinen wissenschaftlichen Stil zu schärfen, Aussagen einzuordnen und kritische Distanz zu den Inhalten anderer Verfasser zu wahren. Mit diesem Beitrag lernst du, was der Konjunktiv ist, wie du ihn gebrauchst und welchen Stellenwert er für wissenschaftliche Arbeiten hat.
Definition: Konjunktiv
Die beiden Konjunktivformen bilden einen von drei Modi, in denen Verben der deutschen Sprache stehen können. Er dient vorrangig dazu, indirekte Rede und Fremdaussagen auszudrücken. Darüber hinaus eignet er sich, Erwägungen, kritische Distanz und die Möglichkeit, dass die getroffene Aussage nicht der Wahrheit entspricht, zu kommunizieren. Die Konjunktivformen unterteilen sich in den Konjunktiv I und den Konjunktiv II. Der Konjunktiv I erfüllt den Zweck, die fremde Urheberschaft einer Aussage zu markieren respektive zu zeigen, dass sie nicht (zwangsläufig) der eigenen Meinung entspricht. Der Konjunktiv II vergrößert diesen Abstand, indem er eine Aussage als unwahrscheinlich darstellt. Darüber hinaus kann der Konjunktiv II spekulative Szenarien entwerfen, die an bestimmte Bedingungen geknüpft sind. Neben den Konjunktivformen gibt es die Modi Indikativ (Wirklichkeitsform) und Imperativ (Befehlsform).
Verwendung des Konjunktivs in wissenschaftlichen Arbeiten
Konjunktivkonstruktionen sind fester Bestandteil des wissenschaftlichen Schreibens. Sie bringen kritische Distanz zum Ausdruck und bieten einen stilistisch sicheren Zugang zu indirekten Zitaten. Ferner halten sie offen, ob eine (fremde) Aussage der Wahrheit entspricht oder zur Debatte gestellt werden muss. Das impliziert, dass sie sich nicht für Aussagen eignet, die zweifelsfrei bewiesen sind. Die Bildung des Konjunktivs II hat indes die Funktion, Irrtümer zu markieren oder Aussagen zu widerlegen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten. Während der Konjunktiv I eine moderate Zwischenposition ausdrückt, neigt der Konjunktiv II manchmal dazu, unwissenschaftliche Polemik zu erzeugen.1 Die nachfolgenden Abschnitte zeigen dir, wie du beide Konjunktivformen bildest.
Der Konjunktiv I
Der Konjunktiv I verändert das Verb durch Flexion in eine sich moderat von der Aussage distanzierende Form. Das begünstigt indirekte Rede und kann zum Ausdruck bringen, dass die im Satz vertretene Meinung aus einer anderen Quelle stammt und nicht zwangsläufig mit der Haltung des Textes übereinstimmt.
Die Bildung des Konjunktivs I
Der Konjunktiv I verfügt über eine Gegenwarts- und eine Vergangenheitsform. Die Gegenwartsform wird durch das Anfügen von Suffixen an den Wortstamm gebildet. Das entsprechende Suffix hängt von der Person ab, in der das Verb steht.
1. Person Singular | Wortstamm + (-e) |
2. Person Singular | Wortstamm + (-est) |
3. Person Singular | Wortstamm + (-e) |
1. Person Plural | Wortstamm + (-en) |
2. Person Plural | Wortstamm + (-et) |
3. Person Plural | Wortstamm + (-en) |
Da die Konjunktivform von Verben in der 1. Person Singular sowie der 1. und 3. Person Plural identisch mit dem Indikativ ist, empfiehlt es sich, in diesem Fall auf den Konjunktiv II auszuweichen.
Die Vergangenheitsform des Konjunktivs I wird durch die Konjunktivform von „haben“ oder „sein“ (als Hilfsverb) und dem Partizip II des Verbs gebildet.
Der Konjunktiv II
Der Konjunktiv II drückt aus, dass eine Aussage unwahrscheinlich ist, eine (fremde) Behauptung nicht der Wahrheit entspricht oder an hypothetische (eher unrealistische) Bedingungen geknüpft ist. Darüber hinaus kann der Konjunktiv II genutzt werden, um höfliche Aufforderungen zu formulieren oder den Konjunktiv I ersetzen, wenn dieser mit dem Indikativ verwechselt werden könnte.
Die Bildung des Konjunktivs II
Der Konjunktiv II verwendet in der Gegenwartsform den Wortstamm des Verbs im Präteritum und erweitert diesen ebenfalls um ein von der Person abhängiges Suffix. Die entsprechenden Suffixe sind mit denen des Konjunktivs I identisch. In manchen Fällen wird zudem der Stammvokal der Präteritumform in einen Umlaut umgewandelt. Wenn sich der Konjunktiv II nicht vom Indikativ einer Vergangenheitsform unterscheidet, kann er mit dem Hilfsverb „würde“ gebildet werden. Allerdings gelten Phrasen mit „würde“ oftmals als schlechter Stil in wissenschaftlichen Arbeiten.
1. Person Singular | Präteritumform + (-e) |
2. Person Singular | Präteritumform + (-est) |
3. Person Singular | Präteritumform + (-e) |
1. Person Plural | Präteritumform + (-en) |
2. Person Plural | Präteritumform + (-et) |
3. Person Plural | Präteritumform + (-en) |
Die Vergangenheitsform des Konjunktivs II wird mit der Konjunktiv II-Form von „haben“ oder „sein“ (als Hilfsverb) und dem Partizip II des Verbs gebildet.
Darauf musst du beim Konjunktiv achten
Konjunktive gehören zu den stilistisch anspruchsvolleren Formen der deutschen Sprache. Daher ist es wichtig, ihn fehlerfrei umzusetzen. Die oben gezeigten Tabellen und Suffix-Listen helfen dir dabei, die Konjunktivflexion fehlerfrei umzusetzen.
Ferner solltest du beachten:
- die Verwendung des Konjunktivs II nur bei nahliegender Unglaubwürdigkeit und erheblichem Zweifel zu erwägen
- Konjunktivformen maßvoll einzusetzen, um die Arbeit nicht in Eventualitäten und Fremdaussagen zu kleiden
Alternativen zum Konjunktiv
Um eine überbordende Verwendung von Konjunktivphrasen zu vermeiden, kannst du auf Indikativ-Formulierungen zurückgreifen, die klarstellen, dass die betreffende Aussage einem anderen Text entnommen wurde.2
- Mit „zufolge“: Schwarz zufolge waren die Ergebnisse (…)
- Mit Sprechakt-Verben: Schwarz präsentierte hingegen Ergebnisse, die (…)
- Mit „laut“: Laut Schwarz ist es wahrscheinlicher, dass die Ergebnisse (…)
Häufig gestellte Fragen
Beide Konjunktivformen kommen zum Einsatz, um indirekte Rede zu markieren. Darüber hinaus kann der Konjunktiv genutzt werden, um kritische Distanz zu den im Satz besprochenen Inhalten aufzubauen, ihren Wahrheitsgehalt zur Diskussion zu stellen oder als die Meinung eines anderen Verfassers kenntlich zu machen.
Die Verwendung des Konjunktivs II bringt verstärkt zum Ausdruck, dass der Text die betreffende Aussage in Zweifel zieht. Darüber hinaus kann er dazu dienen, ein hypothetisches Szenario, das an bestimmte Bedingungen geknüpft ist, sprachlich auszudrücken.
Um den Konjunktiv I zu bilden, wird an den Verbstamm die spezifische Konjunktivendung angefügt. Diese hängt von der Person ab, in der das Verb steht. Die Endungen sind: {-e} (1. Person und 3. Person Singular), {-est} (2. Person Singular), {-en] (1. Person und 3. Person Plural), {-et} (2. Person Plural).
Der Konjunktiv II besteht aus dem Präteritumstamm des Verbs und der Endung {-e} (1. Person und 3. Person Singular), {-est} (2. Person Singular), {-en} (1. Person und 3. Person Plural) oder {-et} (2. Person Plural). Zusätzlich wird der Stammvokal bei starken Verben zu einem Umlaut.
Konjunktivformen sind nur dann angebracht, wenn Aussagen Zweifel erregen oder zur Debatte gestellt werden könnten.
Quellen
1 Schleiff, Matthias: Über das Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten: Ein Leitfaden, in: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 2015, [online] https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/evtheol/studium_materialien/leitfaden_zum_wissenschaftlichen_arbeiten.pdf (abgerufen am 21.09.2022)
2 Lösse, Esther/Anders, Klaas/Szadziewski, Max: Studienleitfaden: Fachbereich Geschichte, in: Universität Hamburg, Januar 2021, [online] https://www.geschichte.uni-hamburg.de/1ressourcen/studienleitfaden.pdf (abgerufen am 21.09.2022)