Dass auswendig gelerntes Faktenwissen häufig nicht mit tiefgreifendem Verständnis und Anwendbarkeit vergleichbar ist, wird vielen Studierenden spätestens in Klausuren schmerzlich bewusst. Denn um zu überprüfen, ob die Teilnehmer/-innen den in Vorlesungen vermittelten Stoff tatsächlich tiefer durchdrungen haben, stellen viele Dozierende in Prüfungen Transferfragen. Dabei kommt es darauf an, Gelerntes so weit verinnerlicht zu haben, dass es auf ähnliche Sachverhalte übertragen werden kann.
Eine gute Möglichkeit, um sich Informationen schnell und effektiv anzueignen und dieses auch weitreichend zu verstehen, ist die sogenannte Feynman Methode. Beim Lernen großer Informationsmengen neigen wir dazu, Wissen lediglich oberflächlich aufzunehmen, ohne dieses zu hinterfragen und tiefgründiger zu verarbeiten. Um nicht in die Versuchung zu geraten, fehlendes Verständnis durch unverständliche Fachbegriffe und leere Worthülsen zu verschleiern, wurde die Feynman Methode entwickelt.
Häufig gestellte Fragen
Da du das Thema durch Erklären vollständig durchdringst, kannst du mithilfe der Feynman Methode deine Lernzeit deutlich effektiver nutzen. Anders als beim Auswendiglernen kannst du die Informationen länger behalten und sparst dir gerade bei großen Stoffmengen immer wieder von vorne anfangen zu müssen.
Komplexere Inhalte lassen sich durch die Feynman Methode besonders gut durchdringen. Durch Erklären und die Darstellung in einfachen Worten gelingt es dir, inhaltliche Verbindungen zu erkennen und zu knüpfen und so komplexe Zusammenhänge zu entschlüsseln und zu verstehen.
Die Feynman Methode eignet sich für alle Themenbereiche, in denen es auf nicht auf die bloße Wiedergabe von Fakten, sondern auf tatsächliches Verständnis und möglicherweise Transferleistungen ankommt.
Das ist abhängig vom Stoffpensum. Du solltest jedoch nicht erst kurz vor knapp beginnen, da die Feynman Methode auf rekursiven Schritten beruht.
Unabhängig von deinem Kenntnisstand wirst du beim Versuch, dein Wissen in einfachen Worten verständlich darzustellen, auf Wissenslücken stoßen, die du dann mithilfe der Feynman Methode füllen kannst.
Definition: Woher stammt die Feynman Methode?
Richard Feynman hat nicht nur die Feynman Methode entwickelt, sondern war vor allen Dingen Physiker und gewann zusammen mit zwei seiner Kollegen einen Nobelpreis. Neben seiner naturwissenschaftlichen Betätigung beschäftigte er sich auch insbesondere mit Fragestellungen rund ums Lernen, Wissensvermittlung, Identifikation von Wissenslücken und Schließung dieser.
Er soll zudem eine Lerngruppe gegründet haben, in der jeder Teilnehmer allen anderen Mitwirkenden ein den Anderen unbekanntes Thema seiner Wahl vorstellen sollte. Dabei sollte besonders darauf geachtet werden, dass dies in möglichst einfacher, verständlicher Form geschieht.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass aus den Erkenntnissen dieser Lerngruppe und der Art und Weise wie dort Wissen vermittelt werden konnte auch die sogenannte Feynman Methode hervorging.
Die einzelnen Schritte der Feynman Methode
Die Feynman Methode ist eine wirkungsvolle Technik, um mit vier einfachen Schritten und durch das Prinzip der Wiederholung auch komplizierte Sachverhalte nachhaltig zu lernen und wirklich zu verstehen. Dabei wird durch das Prüfen des eigenen Wissensstandes, die Identifikation von Wissenslücken durch stetiges Überarbeiten und durch das Vortragen ein tief greifendes Verständnis erreicht.
Notiere alles, was du weißt
Nimm dir ein weißes Blatt Papier und schreibe auf dieses alles nieder, was du über dein Thema weißt. Dabei solltest du darauf achten, jeden Aspekt so geradlinig und einfach zu formulieren, als würdest du ihn beispielsweise circa zwölf Jahre alten Schüler/-innen erklären und nicht deinen vorgebildeten Kommilitonen/-innen, die bereits über eine gewisse Themenkenntnis verfügen.
Dementsprechend solltest du möglichst auf Fachjargon und komplizierte Ausdrücke verzichten. Wenn dir Fachbegriffe in manchen Bereichen unvermeidlich erscheinen, solltest du diese erklären. Wenn es dir nicht gelingt, bestimmte Sachverhalte einfach auszudrücken, solltest du dort eine Lücke lassen.
Wir neigen häufig dazu, unseren Mangel an Verständnis durch auswendig gelernte Phrasen und Worthülsen zu kaschieren. Durch den Verzicht darauf und das Umschreiben solcher Begriffe können wir leichter Wissenslücken identifizieren und erleichtern uns selbst die logische Verknüpfung von Fakten und Konzepten.
Überarbeite deine Notizen
Im zweiten Schritt überprüfst du deine Notizen und identifizierst die Stellen, an denen du im ersten Schritt Lücken gelassen hast. Diese entstehen, wenn du dich nicht mehr an eine zentrale Information erinnern kannst oder wenn es dir nicht gelingt, einen Sachverhalt geradlinig und verständlich darzustellen.
Diese Lücken gilt es nun zu füllen: Dafür sichtest du erneut deine Vorlesungsskripte, Sekundärliteratur und/oder Mitschriften auf der Suche nach den entsprechenden Informationen und Kontexten. Erst wenn du das Gelernte ohne Rückgriff auf komplizierte Formulierungen und Fachwörter erklären kannst, ist es dir möglich, deine Kenntnisse vernünftig anzuwenden. Der Verzicht auf diese manchmal zeitaufwendige Arbeit führt dazu, dass du nur scheinbares Wissen erwirbst, welches sich meist in schlechten Prüfungsergebnissen niederschlägt.
Organisiere dein Wissen
Wenn du die identifizierten Lücken gefüllt hast, solltest du deine Notizen so anordnen und vereinfachen, dass du sie einer anderen Person fließend, logisch strukturiert und nachvollziehbar vortragen kannst. Lies dir dein so entstandenes Skript nun laut vor und prüfe, ob deine Ausführungen einleuchtend und verständlich klingen. Die Stellen, die kompliziert oder verwirrend erscheinen, sind auch die, in denen du Nachholbedarf besitzt. Diese solltest du dir dementsprechend farbig anstreichen.
Stelle dein Thema vor
Nachdem du die farbig markierten Stellen überarbeitet hast, solltest du dein Skript am besten einer anderen Person vortragen. Dafür eignet sich idealerweise jemandem, der nichts oder nicht viel über dein Thema weiß.
Wer bereits eigenes Fachwissen aufweist würde dazu neigen, seinen eigenen Kenntnisstand Defizite in deiner Darstellung intuitiv mit seinem Wissen zu kaschieren. Bestehe in jedem Fall auf Feedback zu unklaren Stellen und notiere dir dies. Beginne nun erneut mit Schritt 1 und wiederhole alle vier Schritte, bis du das Thema frei, verständlich und flüssig, ohne größere Denkpausen vortragen kannst.
Vorteile der Feynman Methode
- Keine Kosten für teure Lernsoftware oder andere Hilfsmittel
- Tiefgreifendes Verständnis deiner Themen
- Gewappnet für Transferaufgaben und Denkfragen
- Geeignet für jeden Wissenstand
- Kann auch in Lerngruppen genutzt werden
Feynman Methode in der Praxis
Die Feynman Methode eignet sich nicht nur für die Klausurvorbereitung und als Möglichkeit, dein Allgemeinwissen nachhaltig zu erweitern, sondern ist aufgrund der Herangehensweise auch ideal für die Vorbereitung von Vorträgen. Viele Referate an Universitäten verlieren ihre Zuhörer spätestens, wenn der Vortragende nur mit Fachtermini und umständlichen Formulierungen um sich schmeißt. Da mit der Feynman Methode eine strukturierte und verständliche Vortragsweise angestrebt wird, erleichtert sie es auch Zuhörern ohne fundiertes Vorwissen deinen Ausführungen zu folgen.
Zusammenfassung
- Die Feynman Methode ist eine wirkungsvolle Technik komplizierte Sachverhalte zu lernen basiert auf vier einfachen Schritten
- Schreibe zunächst alles in einfache Worte nieder, was dir zu deinem Lernthema einfällt
- Überprüfe deine Notizen mit deinen Lernunterlagen und analysiere, ob Lücken bestehen
- Strukturiere dein Wissen in einer logischen Reihenfolge. Achte darauf, dass keine Wissenslücken mehr verbleiben
- Stelle dein Thema einer Person vor, vorzugsweise jemand der wenig mit dem Thema vertraut ist und lasse dir Feedback zu Unklarheiten geben