Beim Schreiben von wissenschaftlichen Arbeiten gehört das Aufstellen und Formulieren von Hypothesen dazu. Hypothesen sind unbewiesene Vermutungen, die präzise formuliert und wissenschaftlich überprüfbar sind und auf theoretischen Konzepten basieren. Sie dienen als Basis für empirische Untersuchungen, indem sie Vermutungen bezüglich der Beziehung zwischen verschiedenen Variablen formuliert. Nachfolgend erfährst du alles Wichtige zum Thema „Hypothesen“.
Definition: Hypothesen
Hypothesen sind unbewiesene Vermutungen. Sie stellen einen Zusammenhang zwischen einzelnen Phänomenen bzw. Variablen her. In vielen akademischen Arbeiten wird erwartet, dass Studierende innerhalb ihrer Methodik eine Hypothese aufstellen, um eine wissenschaftliche Eigenleistung zu erbringen.
Folglich dient eine Hypothese dazu, einen bisher nicht näher erforschten Zusammenhang zu überprüfen und den bisherigen Erkenntnisstand zu erweitern.
Auch im Fachbereich der Statistik gehört der Umgang mit nicht bewiesenen Vermutungen zum Alltag. Dabei werden empirische Daten mittels statistischer Testmethoden geprüft.
Arten
Es gibt verschiedene Arten von Hypothesen. Hauptsächlich wird aber zwischen Unterschieds- und Zusammenhangshypothesen und gerichteten und ungerichteten Hypothesen unterschieden.
Unterschieds- und Zusammenhangshypothese
Sowohl die Unterschieds- als auch die Zusammenhangshypothese bringen unterschiedliche Variablen in einen gemeinsamen Kontext. Allerdings wird nur bei der Unterschiedshypothese der Unterschied konkret definiert.
Unterschiedshypothese
Bei einer Unterschiedshypothese werden zwei oder mehr Gruppen miteinander verglichen, indem geprüft wird, ob es einen Unterschied zwischen den Gruppen gibt.
Dabei muss es immer mindestens eine kategorische Variable, wie das Bildungsniveau, das Geschlecht oder den Wohnort, geben. Eine andere Variable ist dann ordinal skaliert und beinhaltet etwa das Körpergewicht, die Anzahl der eigenen Kinder oder das Gehalt.
Zusammenhangshypothese
Die Zusammenhangshypothese wird verwendet, wenn der Zusammenhang oder die Korrelation zwischen zwei Variablen untersucht werden soll. Dafür werden mindestens zwei ordinal skalierte Variablen geprüft, um festzustellen, welche Beziehung zwischen den einzelnen Variablen besteht oder wie eine Variable die andere Variable beeinflusst.
Beachte: Eine Zusammenhangshypothese hat meistens die Form „Je …, desto …“.
Gerichtete und ungerichtete Hypothese
Eine weitere Differenzierung kann durch gerichtete und ungerichtete Hypothesen stattfinden. Die beiden Arten bringen unterschiedliche Variablen in einen gemeinsamen Kontext. Allerdings ist der Zusammenhang nur bei einer gerichteten Hypothese konkret definiert.
Ungerichtete Hypothese
Die ungerichtete Hypothese stellt (mindestens) zwei Variablen in einen Zusammenhang. Der Zusammenhang wird dabei nicht näher definiert. Die Beispiele zeigen, wie sich eine ungerichtete Hypothese aufstellen lässt:
Gerichtete Hypothese
Eine gerichtete Hypothese konkretisiert den vermuteten Zusammenhang, indem der Einfluss einer unabhängigen Variable auf eine abhängige Variable in eine bestimmte Richtung geprüft wird.
Alternativ kann auch eine Formulierung ohne „Je-desto-Satz“ gewählt werden:
An den Beispielen erkennst du bereits, dass die Aussagen einer gerichteten Hypothese deutlich konkreter und präziser sind, als die Aussagen einer ungerichteten Hypothese.
Wichtig: Eine gerichtete Hypothese ist aussagekräftiger, überprüfbar und anschließend mit den Erkenntnissen anderer wissenschaftlicher Studien vergleichbar. Daher solltest du bei wissenschaftlichen Arbeiten ausschließlich gerichtete Hypothesen aufstellen.
Hypothesen aufstellen
Beim Aufstellen von Hypothesen äußerst du eine Vermutung bzw. Annahme darüber, wie etwas sein könnte. Du denkst dann darüber nach, was passieren könnte, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Wenn du eine Hypothese aufstellst, kannst du sie von deiner Forschungsfrage ableiten. Abgeleitete Hypothesen sind konkreter, meist kleinschrittiger und helfen dir, die eigentliche Forschungsfrage zu beantworten. Du kannst eine oder mehrere Hypothesen aufstellen, um deine Forschungsfrage zu beantworten.
Mehrere Hypothesen solltest du dann aufstellen, wenn es sich anbietet, mehrere Zusammenhänge zu untersuchen, die einander ergänzen oder aufeinander aufbauen. Um unterschiedliche Hypothesen voneinander zu unterscheiden, werden sie nummeriert (H1, H2, H3 … Hn).
Vorgehensweise
Beim Aufstellen von Hypothesen kannst du einem festgelegten Ablauf folgen:
Überlege dir, welche Phänomene (Sachverhalte, Variablen, Aspekte etc.) für die Forschungsfrage relevant sind. Eine Hypothese sollte nie ohne ausreichende theoretische Grundlagen aufgestellt werden. Begründe Hypothesen daher immer durch einen Theoriebezug.
Entscheide, ob du einen Zusammenhang oder keinen Zusammenhang zwischen den ausgewählten Variablen vermutest. Achte dabei darauf, dass es sich um Themenbereiche deines Themas handelt, die bisher kaum oder nicht erforscht sind.
Basierend darauf kannst du eine erste Fassung deiner Hypothese formulieren. Denke daran, dass es eine gerichtete Hypothese ist. Diese erste Fassung kannst du weiterhin optimieren, bis alle wichtigen Kriterien erfüllt sind.
Wichtige Kriterien beim Aufstellen von Hypothesen
Die folgenden Kriterien müssen alle erfüllt werden, wenn du eine Hypothese aufstellen willst.
Die Hypothese ist allgemeingültig (nicht nur auf einen Einzellfall beschränkt). |
Die Hypothese ist sachlich und objektiv (enthält keine persönliche Wertung). |
Die Formulierung ist präzise und prägnant und daher leicht verständlich. |
Jede Variable ist empirisch messbar und die Hypothese kann verifiziert beziehungsweise falsifiziert werden. |
Die Hypothese ist theoretisch fundiert. |
Bei mehreren Hypothesen gilt, dass die einzelnen Annahmen sich nicht widersprechen dürfen. |
Generell musst du gewährleisten, dass die aufgestellte Hypothese nachprüfbar ist und eine sinnvoll begründete Antwort zulässt, die die in der Hypothese formulierten Annahmen verifiziert oder falsifiziert.
Hypothesen formulieren
Satzbau und Wortwahl beeinflussen die Qualität einer Hypothese. Bei der Formulierung musst du darauf achten, keine langen und verschachtelten Sätze zu verwenden. Auch sehr hochgestochene sowie umgangssprachliche Formulierungen sind zu vermeiden.
Versuche bei der Formulierung von Hypothesen möglichst objektiv und neutral an die Thematik heranzugehen und dich präzise und klar auszudrücken. Als grobes Ziel beim Formulieren von einzelnen Hypothesen kannst du dich an der Obergrenze von 20 Wörtern orientieren. Der formulierte Satz ist damit weder zu lang noch zu verschachtelt und stattdessen leicht verständlich.
Grundsätzlich sollte anhand der Formulierung deiner Hypothese eindeutig hervorgehen, dass diese nachprüfbar ist und welche Ergebnisse zu erwarten sind.
Folgende Beispiele illustrieren eine schlecht und eine gut formulierte Hypothese:
Hypothesen testen
Beim Aufstellen einer Hypothese geht es darum, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Deshalb musst du eine aufgestellte Hypothese auch testen.
Wichtig: Letztlich ist es unerheblich, ob sich deine Hypothese als falsch oder wahr herausstellt. Denn sowohl eine falsche als auch eine richtige Hypothese, bringt dich der Beantwortung deiner Forschungsfrage näher und lässt Raum für Interpretation.
Statistische Überprüfung
Bei der statistischen Überprüfung von Hypothesen werden zwei gegensätzliche Hypothesen aufgestellt:
- eine sogenannte Nullhypothese (H0) und
- eine Gegenhypothese (H1).
Dabei wird die Vermutung, die du nachweisen willst, in der Alternativhypothese (H1) formuliert. Behalte das im Auge, wenn du für einen statistischen Test Hypothesen aufstellen willst.
Diese Punkte sind wichtig für die statistische Überprüfung:
- Dieses Hypothesenpaar wird mit einem passenden Test überprüft. Hierbei stehen diverse Tests zur Auswahl. Welches Verfahren in deinem Fall das Richtige ist, hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Skalenniveau, der Zielgröße und der Einflussgröße ab.
- Anschließend muss das Signifikanzniveau festgelegt werden. Hiermit gemeint ist die Wahrscheinlichkeit, die Nullhypothese fälschlicherweise abzulehnen. Im Studium wird das Signifikanzniveau häufig vorgegeben. Falls nicht, kannst du von 5 % ausgehen.
- Dann geht es an die eigentliche Arbeit: Du sammelst die relevanten Daten. Aus diesen Daten berechnest du die Kennzahl und Prüfgröße (Teststatistik). Auch die Verteilung dieser Prüfgröße legst du fest. Anschließend berechnest du entweder den kritischen Bereich oder den p-Wert.
- Im letzten Schritt prüfst du, ob du die Nullhypothese ablehnst oder beibehältst. Abzulesen ist das daran, ob der Prüfwert im kritischen Bereich liegt. Liegt dieser Fall vor, kann die Gegenhypothese zunächst angenommen werden. Tut er das nicht, lässt sich keine sichere Aussage treffen.
Literarische Überprüfung
In einigen Fällen ist es möglich, auf bestehende Literatur zurückzugreifen, um eine Hypothese zu testen. Versichere dich bei deiner Hochschule, ob ein solcher Hypothesentest eine ausreichende Eigenleistung darstellt.
Einbau in die Abschlussarbeit
Eine Hypothese kann an mehreren Stellen in der Abschlussarbeit integriert werden: in der Einleitung, im empirischen Hauptteil sowie im Fazit.
Hypothesen aufstellen in der Einleitung
Hier erläuterst du die übergeordnete Forschungsfrage und konkretisierst sie mithilfe einer Hypothese. Auch die theoretische Einordnung darf dabei nicht fehlen.
Hypothesen aufstellen im empirischen Hauptteil
Im Hauptteil prüfst du, ob deine Hypothese wahr oder falsch ist. Pro Hypothese kann es einen oder mehrere Prüfaspekte geben, die du der Reihe nach prüfst. Daraufhin erstellst du zu jeder Hypothese ein Zwischenfazit.
Hypothesen aufstellen im Schlussteil
Hierbei geht es um die Reflexion der Ergebnisse. Du fasst alles erneut zusammen und prüfst, ob sich die entsprechende Hypothese falsifizieren oder verifizieren lässt und welche Gründe dafür vorliegen. Zudem kannst du die Relevanz der Hypothese für die Beantwortung deiner Forschungsfrage erläutern.
Häufig gestellte Fragen
Eine Hypothese ist eine vorläufige Annahme für ein Phänomen oder eine Beobachtung, die wissenschaftlich überprüft werden kann. Sie bildet den Ausgangspunkt für weitere Forschung.
Ein Beispiel für eine Hypothese könnte sein: „Der regelmäßige Konsum von grünem Tee führt zu einer Senkung des Blutdrucks.“
Es gibt vier Arten von Hypothesen:
- ungerichtete Hypothesen
- gerichtete Hypothesen
- Unterschiedshypothesen
- Zusammenhangshypothesen
Wenn du im akademischen Bereich eine Hypothese aufstellen willst, solltest du eine gerichtete Hypothese aufstellen.
Beim Aufstellen einer Hypothese musst du darauf achten, dass diese allgemeingültig, präzise, objektiv, messbar, widerspruchsfrei und theoretisch begründet ist.
Der Unterschied zwischen einer These und einer Hypothese liegt in ihrer Verwendung: Eine These ist eine Aussage oder Position, die in akademischen Arbeiten oder Debatten verteidigt wird, während eine Hypothese eine vorläufige Erklärung in der Wissenschaft ist, die durch Daten und Experimente getestet und überprüft werden soll.