Die empirischen Wissenschaften unterscheiden zwei Forschungsarten: qualitative und quantitative Forschung. Beide Forschungsarten sind fester (und notwendiger) Bestandteil des Erkenntnisgewinns. Bei uns erfährst du, was qualitative und quantitative Forschung voneinander unterscheidet, welche Gemeinsamkeiten sie aufweisen und wie du sie für deine eigene wissenschaftliche Arbeit nutzbar machen kannst.
Die zwei Forschungsarten
Bei beiden Forschungsarten handelt es sich um essenzielle Bereiche der Forschung. Dennoch unterscheiden sich die qualitative und die quantitative Forschung deutlich voneinander. Im Folgenden stellen wir dir die beiden Forschungsarten kurz vor.
Qualitative Forschung
Unter qualitativer Forschung verstehen die empirischen Wissenschaften eine methodische Ausrichtung, die neue Forschungsfragen und -erkenntnisse durch die detaillierte Betrachtung von Einzelfällen generiert. Die Methoden qualitativer Forschung sind ergebnisoffen, explorativ, erlauben unerwartete Entdeckungen und werden sprachlich zum Ausdruck gebracht.
Vorteile | Nachteile |
Detaillierte Erfassung einzelner Phänomene | Keine repräsentativen Ergebnisse |
Raum für unvorhergesehene Erkenntnisse | Subjektive Schwerpunkte beeinflussen die Interpretation |
Entwicklung neuer Forschungen möglich | Größere Datenmengen sind schwer zu bewältigen |
Quantitative Forschung
Quantitative Forschung basiert hingegen auf statistischen Auswertungen, ist um Repräsentativität bemüht und zielt in erster Linie auf Wahrscheinlichkeitsaussagen und Mengenverhältnisse ab. Durch sie können bestehende Hypothesen anhand großangelegter Befragungen/Experimente bestätigt oder falsifiziert werden. Die Methodik quantitativer Forschung setzt einen, an der Hypothese ausgerichteten, Rahmen für erwartbare Ergebnisse und drückt diese in mathematischen Formeln und Zahlenwerten aus.1
Vorteile | Nachteile |
Zuverlässige Aussagen über die Grundgesamtheit | Nur stark begrenzte Fragestellung möglich |
Verifiziert oder falsifiziert bestehende Hypothesen | Wenig Raum für unvorhergesehene Ergebnisse |
Behandelt repräsentative Datenmengen mit statistischen Methoden | Alle nicht quantifizierten Merkmale bleiben unbeachtet |
Mixed Methods
Die kombinierte Anwendung der beiden Forschungsarten wird als Mixed Methods bezeichnet. Mixed Methods liegen beispielsweise vor, wenn ein umfangreiches Forschungsprojekt das Forschungsfeld zunächst anhand qualitativer Methoden auf mögliche Hypothesen untersucht und diese anschließend mittels quantitativer Methodik überprüft. Dabei werden beide Forschungsarten kombiniert, um das Forschungsergebnis zu erhalten. Eine weitere Möglichkeit sind Hybridmethoden wie Umfragen, die sowohl feste Antwortmöglichkeiten als auch frei formulierbare Antworten anbieten. Dabei werden die beiden Forschungsarten innerhalb einer Methode kombiniert, wodurch einerseits statistische Daten und andererseits aus dem Raster fallende, individuelle Besonderheiten oder Phänomene erfasst werden.
Forschungsarten: Unterschiede
Die folgende Tabelle zeigt dir die wichtigsten Unterschiede der beiden Forschungsarten.
Forschungsart | Qualitative Forschung | Quantitative Forschung |
Vorgehensweise | Induktiv | Deduktiv |
Gütekriterien | Transparenz Reichweite Intersubjektivität |
Validität Reliabilität Objektivität |
Zielsetzung | Detaillierte Beschreibung von Phänomenen Entwicklung neuer Hypothesen Erkundung des Forschungsfelds |
Verifikation oder Falsifikation einer Hypothese Ermittlung statistischer Daten |
Methodik | Ergebnisoffene Analysen Ergebnisoffene Befragungen Ergebnisoffene Beobachtungen |
Genau definierter Forschungsbereich Geschlossene Fragestellung |
Auswertung | Methodisch gestützte Interpretation | Statistische Verfahren |
Umfang | Detaillierter Fokus auf Einzelfälle | Spezifische Untersuchung eines Merkmals bei einer repräsentativen Menge |
Ausdrucksform | Sprachlich | Numerisch |
Forschungsarten: Gemeinsamkeiten
Wenngleich die sich unterscheidenden Gütekriterien suggerieren, es handle sich um einander widerstrebende Denkrichtungen, sind qualitative und quantitative Forschung gleichberechtigter Bestandteil der empirischen Wissenschaften. Sie ergänzen einander und verfügen über viele Gemeinsamkeiten:
- Beide Forschungsarten sind wissenschaftlichen Standards verpflichtet; beide Ausrichtungen geben lückenlos Aufschluss über ihre Methodik, die Quellen und den Analysegegenstand.
- Sowohl qualitative als auch quantitative Forschung haben den Anspruch, Ergebnisse zu erzielen, die sich vom subjektiven Eindruck des Forschers abheben; qualitative Forschungsmethoden zielen jedoch auf Intersubjektivität (personenunabhängige Nachvollziehbarkeit) anstelle von Objektivität (nachweisbare Fakten) ab.
- Beide Forschungsarten verfügen je nach Fachbereich über einen umfassenden Methodenapparat, der verschiedene Zugänge zur Forschungsfrage ermöglicht.
- Die zwei Forschungsarten arbeiten mit empirischen Grundlagen; das heißt, sie beobachten einen Analysegegenstand und leiten daraus Aussagen über ihn und die Welt ab. 2
Forschungsmethoden der Forschungsarten
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Herangehensweisen, um qualitative oder quantitative Forschung zu gestalten. Hier erhältst du eine Übersicht zu den gängigsten Methoden der beiden Forschungsarten.
Qualitative Forschungsmethoden
- Qualitatives Interview mit offenen Fragen
- Qualitative Inhaltsanalyse
- Gruppengespräche
- Fallstudien
- Nutzwertanalyse
- Qualitative Beobachtung
Quantitative Forschungsmethoden
- Strukturiertes Interview
- Umfrage mit festgelegten Antwortmöglichkeiten
- Experimente
- Systematische Beobachtung
- Quantitative Inhaltsanalyse
- Metaanalyse
Die richtige Forschungsart für deine Abschlussarbeit
Bevor du dich entscheidest, welche Forschungsart du in deiner Abschlussarbeit verwenden wirst, solltest du dein persönliches Interesse in die Planung miteinbeziehen. Beide Forschungsarten sind für eine Abschlussarbeit geeignet, bestimmen jedoch grundlegend ihren Aufbau.
Eine qualitativ-forschende Arbeit fordert dich als forschende Instanz in besonderem Maße. Du musst die dir zur Verfügung stehenden Interpretationsmethoden nach bestem Gewissen anwenden, geeignete Schwerpunkte setzen und nachvollziehbare Schlüsse aus deiner Beobachtung ziehen.
Eine quantitativ operierende Arbeit verfügt über eine geradlinigere Methodik, fordert jedoch große zeitliche Ressourcen bei der Erhebung repräsentativer Daten. Hinzu kommt, dass du die Anwendung statistischer Verfahren bei dieser Forschungsart sicher beherrschen musst, um eine aussagekräftige Auswertung vornehmen zu können.
Quantitative Methoden bieten sich an, wenn du bestehende Aussagen überprüfen und deine wissenschaftlichen Kernkompetenzen anwenden möchtest, ohne viel Zeit in die Entwicklung einer originellen Forschungsfrage zu investieren. Eine qualitative Forschungsausrichtung ermöglicht es dir hingegen, Pionierarbeit durchzuführen und neue Phänomene ins Spiel zu bringen. Das kann ein spannendes Vorhaben sein, birgt jedoch ein höheres Fehlerpotenzial als die Anwendung quantitativer Methoden, die in erster Linie deine Sorgfalt prüfen. Bei der Durchführung qualitativer Methoden empfiehlt es sich, vermehrte Rücksprachen mit deinem Betreuer zu halten, um dich beraten und deine Entscheidungen absichern zu lassen.
Beide Forschungsarten eignen sich für deine Abschlussarbeit, jedoch musst du die Einsatzmöglichkeiten der einzelnen Forschungsmethoden beachten und überprüfen, ob die gewählte Forschungsart zu deiner Forschungsfrage passt.
Häufig gestellte Fragen
Es gibt zwei verschiedene Forschungsarten: die qualitative und die quantitative Forschung. Die qualitative Forschung ist darauf ausgerichtet, neue Phänomene zu entdecken, bestehende (Einzel-)Fälle zu beschreiben und weitergehende Forschungsfragen zu entwickeln. Qualitative Forschung ist ergebnisoffen und etwaige Erkenntnisse/Daten werden sprachlich ausgedrückt. Die quantitative Forschung erhebt und analysiert repräsentative Daten, um statistische Aussagen zu einem bestimmten Sachverhalt zu ermöglichen. Ferner prüft sie bereits bestehende (in der qualitativen Forschung entwickelte) Hypothesen auf ihren Wahrheitsgehalt und drückt Ergebnisse anhand von Zahlenwerten aus.
Die quantitative Forschung liefert belastbare Aussagen anhand statistischer Wahrscheinlichkeitsrechnungen, während die qualitative Forschung vorrangig am Einzelfall argumentiert. Das heißt jedoch nicht, dass quantitative Forschung prinzipiell aussagekräftiger ist. Sie liefert (relative) Gewissheit zur Allgemeingültigkeit qualitativer Beobachtungen.
Qualitative Forschung ist gefragt, wenn ein Gegenstand unter einer bestimmten Fragestellung beschrieben und analysiert werden muss. Quantitative Forschung prüft hingegen, ob die vorgenommene Beschreibung für alle (beziehungsweise für wie viele) Gegenstände dieser Art gilt.
Nein, nur quantitative Forschung hat den Anspruch, repräsentativ zu sein. Qualitative Forschung stellt das Vorhandensein und die Beschaffenheit eines Phänomens/Gegenstands fest, während quantitative Forschung prüft, wie wahrscheinlich es ist, dass das Phänomen/der Gegenstand mit den beschriebenen Eigenschaften auftritt.
Quellen
1 Röbken, Heinke/Mitschke, Robert: Qualitative und quantitative
Forschungsmethoden, in: Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, o.D., [online] https://uol.de/fileadmin/user_upload/c3l/Studiengaenge/BABusinessAdmin/Download/Leseproben/bba_leseprobe_qual-quant_forschungsmethoden_01.pdf (23.08.2022)
2 Lettau, Antje/Breuer, Franz: Kurze Einführung in den qualitativ-sozialwissenschaftlichen Forschungsstil, in: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, o.D., [online] https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/psyifp/aebreuer/alfb.pdf (23.08.2022)