Experteninterviews können unterschiedliche Zwecke erfüllen, wie beispielsweise die Überprüfung von theoretisch hergeleiteten Hypothesen oder die Ergänzung von statistischen Analyseverfahren. Doch wer darf überhaupt als Experte gelten, wie findet man ihn und wie kann sein Wissen zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen? Hier erfährst du alles zu diesem wichtigen Bestandteil der Methodik.
Definition: Experte
Experten sind als sachkundige Persönlichkeiten im Bereich des Untersuchungsfeldes tätig (zum Beispiel in Institutionen oder Organisationen) und verfügen somit neben Fachwissen auch über spezialisiertes Handlungs-, Erfahrungs- und Betriebswissen.
Ihre herausragende Kompetenz und ihren Status erwerben sie durch Erwerbstätigkeit, persönliches Interesse, ausgiebige Erfahrungen oder privilegierte Verbindungen zu Institutionen oder Organisationen. Besonders prägnante Experten könnte man also auch als „Insider“ bezeichnen. Es gibt somit ganz unterschiedliche Arten von Experten, die ihr Wissen auch außerhalb beruflicher Rollen erworben haben können.
Folgende Personen zählen unter anderem dazu:
- Forscher
- Wissenschaftler
- Unternehmensberater
- Geschäftsführer
- Mediziner
- akademische Experten (z. B. Professoren)
- Investoren
- Regierungsbeamte
- Politiker
- Manager
Experte vs. Laie
Als einen Laien bezeichnet man eine Person, die in einem Themengebiet keine Fachkenntnisse oder speziellen Fähigkeiten hat. Somit stellen die Laien das genaue Gegenteil zum „Experten“ dar. Sie sind nicht oder nur oberflächlich im entsprechenden Untersuchungsfeld verankert und haben damit auch keine Möglichkeit, sich besondere Arten von Wissen und Fähigkeiten darin anzueignen.
Überschneidungen gibt es nur, insofern dass Experten in anderen Feldern, die nicht zu ihrem Fachgebiet gehören, natürlich auch zu Laien werden können und umgekehrt.
Etymologie
Der Begriff „Experte“ stammt von dem lateinischen Begriff „expertus“ ab, der übersetzt „erfahren“ oder „sachkundig“ bedeutet. Der Begriff „expertus“ ist dabei das Partizip Perfekt von „experīrī“, das sich aus dem Präfix „ex“ (aus, heraus) und dem Verb „perīrī“ (versuchen, wagen) zusammensetzt. Daraus ergibt sich die wörtliche Bedeutung „jemand, der etwas erprobt oder geprüft hat“.
In den romanischen Sprachen entwickelte sich das Wort zu Formen wie „esperto“ (Italienisch) oder „experto“ (Spanisch), die ebenfalls „erfahren“ oder „kundig“ bedeuten. In die deutsche Sprache gelangte das Wort über das französische „expert“, das seit dem 17. Jahrhundert im Deutschen nachweisbar ist. Hier erhielt „Experte“ die Bedeutung „Sachkundiger“ oder „Fachmann“, die bis heute verwendet wird.
Fachwissen und Sachkunde
Ein Experte ist durch das Vorhandensein von Fachwissen und Sachkunde in einem Fachbereich charakterisiert. Dabei umfasst Fachwissen allerdings nicht nur das bloße Auskennen in einem Fachbereich, sondern das Erlangen bestimmter Fähigkeiten:
- Tiefgehendes Verständnis der Prinzipien, Methoden und Theorien, des Fachgebiets
- Fähigkeit, theoretisches Wissen in der Praxis umzusetzen (z. B.: Experimente)
- Kompetenz, Herausforderungen innerhalb eines Fachbereichs zu erkennen und Lösungen zu entwickeln
Somit bezieht sich Fachwissen eines Experten nicht nur auf das Kennen von Informationen, sondern auch auf die Anwedung und Verwendung des Wissens innerhalb eines Fachbereichs.
Den passenden Experten finden
Auf die Suche nach einem Experten kannst du dich begeben, sobald du deine Forschungsfrage definiert hast, um dein spezifisches Erkenntnisinteresse innerhalb des jeweiligen Fachgebietes abzustecken.
Dabei solltest du dich nicht nur auf formale Kriterien (wie eine akademische Ausbildung) konzentrieren, sondern ebenso auf das Tätigkeitsprofil, die organisatorisch-institutionellen Zugehörigkeiten sowie einen Erfahrungshorizont möglicher Kandidaten.
In Bezug darauf kannst du auch auf den ersten Blick unkonventionell anmutende Entscheidungen treffen: Im Bereich der Erziehung können beispielsweise nicht nur Lehrer und Pädagogen, sondern auch Eltern als Experten infrage kommen.
Folgende Aspekte können dir helfen, auf Basis deiner Zielsetzung eine gute Auswahl an Experten zu treffen:
- Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationen
- Reputation und Position bestimmter Personen
- Entscheidungskompetenzen und Einflussmöglichkeiten
Bezieht sich deine Definition von Experten auf den medialen beziehungsweise journalistischen Bereich, könntest du etwa den Chefredakteur eines bekannten Mediums in Erwägung ziehen. Die Auswahl eines Interviewpartners solltest du zur Absicherung auch mit deinem Betreuer abstimmen.
Richtige Kontaktaufnahme mit Experten
Das Finden und richtige Kontaktieren von Experten ist ein entscheidender Schritt für die Durchführung eines Experteninterviews als wissenschaftlich gewählte Forschungsmethode. Dahingehend gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, mit einem potenziellen Experten in Kontakt zu treten.
- Einerseits können akademische Publikationen, Studien oder Fachliteratur verwendet werden, um herauszufinden, wer in einem bestimmten Fachgebiet führend ist. Oft werden darin die Kontaktinformationen der Autoren angegeben, was die Kontaktaufnahme per E-Mail ermöglicht.
- Weiterhin können wissenschaftliche Konferenzen oder Fachveranstaltungen zu einem entsprechenden Fachgebiet besucht werden, wo persönlich auf Experten laut Definition zugegangen werden kann. Der persönliche Kontakt führt eher dazu, das Interesse des Experten für eine Teilnahme an einem Experteninterview zu wecken.
- Darüber hinaus bieten soziale Medien, wie LinkedIn ebenfalls eine breite Plattform, um mit Experten über eine direkte Nachricht über LinkedIn in Kontakt zu kommen.
Unabhängig vom gewählten Kommunikationsweg ist es wichtig, bei der Kontaktaufnahme stets höflich und respektvoll vorzugehen, um den Experten von einem Interview zu überzeugen.
Außerdem sollte man sich diesem zuerst kurz vorstellen und anschließend auf das Forschungsprojekt eingehen sowie den Grund, warum man an der Expertise der Person interessiert ist, nennen. Zudem ist es hilfreich, eine kurze Zusammenfassung des Forschungsprojekts oder der Interviewziele anzufügen.
Letztlich hängt die Wahl der Kontaktaufnahmemethode von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Verfügbarkeit von Kontaktinformationen oder der Präferenzen des Forschers. Die Kombination mehrerer Ansätze erhöht häufig die Chancen, Experten für ein Interview zu gewinnen.
Um dir die Kontaktanfrage per E-Mail oder LinkedIn zu erleichtern, haben wir dir eine beispielhafte E-Mail verfasst, sodass du den Experten überzeugst. Du kannst das Anschreiben individuell anpassen und gegebenenfalls auch weitere Informationen, wie dein Semester oder deine Universität/Hochschule hinzufügen.
Interview mit einem Experten durchführen
Mindestens so wichtig wie die Vorbereitung ist die professionelle Durchführung deines Interviews. Dieses kann sowohl als quantitatives als auch qualitatives Interview gestaltet werden. Hier zeigen wir dir, woran sich wichtige Unterscheidungen knüpfen:
Dabei handelt es sich um ein relativ offen gehaltenes und flexibles Interview auf Basis eines groben thematischen Rahmens.
Mögliche Interviewformen:
- semistrukturiertes Interview
- exploratives Tiefeninterview
- fokussiertes Tiefeninterview
Dieses stellt ein strukturiertes Interview dar, welchem ein Großteil in sich geschlossener Fragebogen zugrunde liegt.
Mögliche Interviewformen:
- Fragebogen
- vollstandardisiertes Interview
- vollstandardisiertes Interview mit wenigen offenen Fragen
Vor- und Nachteile
Auch Experteninterviews haben Vor- und Nachteile, genauso wie jede andere Methodik auch. Dabei musst du individuell abwägen, welche Seite für deine wissenschaftliche Arbeit überwiegt.
Vorteile | Nachteile |
Erarbeitung des Themas ohne (viel) Forschungsliteratur | Hoher Aufwand bei der Vorbereitung |
Interne Ansichten von Organisationen | Hoher Aufwand bei der Auswertung |
Detaillierte Informationen | Komplizierte Suche nach passenden Experten |
Möglichkeit zu Nachfragen | Schwere Zugänglichkeit zu Experten |
Häufig gestellte Fragen
Für eine besonders kompakte Definition eines Experten lassen sich Synonyme wie „Fachmann“, „Kenner“ oder „Sachverständiger“ anführen. Eine genauere Definition für „Experte“ bezeichnet eine Person, die in einem bestimmten Fachbereich über tiefgehendes Fachwissen und Fachkompetenzen verfügt.
Als Experten können sich Personen unter anderem durch ihre Ausbildung und berufliche Tätigkeit, aber auch durch persönliches Interesse und viele weitere Faktoren qualifizieren. Relevant ist ein tiefgründiges Fachwissen, welches praktisch angewendet werden kann.
Wir empfehlen dir, einen Experten über LinkedIn zu suchen und zu kontaktieren oder sich im Bekanntenkreis umzuhören. Alternativ kannst du auch Professoren anfragen oder Institutionen bzw. Unternehmen schreiben.
Als Experten kommen nicht nur Akademiker und Professoren in Frage. Einige alternative Expertenbeispiele findest du in unserem Beitrag.
Experten werden befragt, um ihr spezialisiertes Fach- und Praxiswissen in Untersuchungen nutzen zu können. Sie fungieren entweder als unmittelbare Zielgruppe zur Beantwortung aufgeworfener Fragen oder als Inhaber von kontextuellem Wissen, das als Grundlage für Vorstudien zu breiter angelegten Analysen dient.