Wissenschaftliche Arbeiten verlangen nach einem sachlichen, objektiven Sprachstil, der auf umgangssprachliche Phrasen verzichtet. Da es aber vielen Studienanfängern schwerfällt, sich einen wissenschaftlich-dezidierten Schreibstil anzueignen, haben wir diesen Ratgeber zusammengestellt. Dieser Beitrag hilft dir dabei, Umgangssprache in deinen Texten zu erkennen und durch fachsprachliche Aussagen zu ersetzen.
Definition: Umgangssprache
Als Umgangssprache werden Abweichungen oder besonders expressive Ausprägungen der Standardhochsprache bezeichnet, die in der alltäglichen Kommunikation zum Einsatz kommen. Daher wird sie auch Alltagssprache genannt. Umgangssprachliche Merkmale können sowohl in der Syntax (Satzbau) als auch in der Lexik (Wortschatz) vorliegen. Oft kommt es zu umgangssprachlichen Äußerungen, wenn Elemente der gesprochenen Sprache auf geschriebene Texte Einfluss nehmen, unreflektiert übernommen werden oder dem Inhalt ein persönlicher Ausdruck verliehen werden soll.
Beim wissenschaftlichen Schreiben ist die Umgangssprache ein stilistischer Fehler, der im Gegensatz zur gewünschten Fachsprache steht. Umgangssprache suggeriert einen subjektiven (und oftmals wertenden) Blick auf den Gegenstand. Sie widerspricht dem Ziel, das Thema wissenschaftlich (also sachlich und möglichst objektiv) zu beschreiben und auszuwerten. Dabei existieren zahlreiche Begriffe, die umgangssprachlich verwendet werden, aber in der wissenschaftlichen Sprache keine Verwendung haben (z.B.: gut, schlecht etc.). Diese Begriffe musst du mit Synonymen ersetzen, um der wissenschaftlichen Objektivität gerecht zu werden.
Darum musst du Umgangssprache vermeiden
Durch umgangssprachliche Formulierungen wird die Wahrnehmung des Verfassers zum festen Bestandteil des Textes. Seine persönliche Sichtweise/Wortwahl verzerrt die Inhalte und erschwert es Lesern, sie wertneutral nachzuvollziehen. Ferner stören umgangssprachliche Redundanzen den Lesefluss und lassen Zweifel an der Fachkompetenz des Verfassers aufkommen.
Übertreibungen verringern die Objektivität
Das Ziel einer wissenschaftlichen Arbeit besteht darin, Sachverhalte nüchtern zu beschreiben und anschließend zu kontextualisieren. Übertreibungen führen hingegen dazu, dass Beschreibung und Kontextualisierung nicht mehr voneinander getrennt werden. Sie laden den Sachverhalt emotional auf und rücken ihn dadurch in ein falsches Licht.1
Umgangssprache wirkt ungenau
Viele Begriffe der Umgangssprache sind an einen bestimmten Kontext oder die emotionale Resonanz von Verfasser und Leser gebunden. Dementsprechend wirken umgangssprachliche Formulierungen ungenau und verfügen nicht über die Präzision, nach der ein wissenschaftlicher Text verlangt. Wissenschaftliche Texte dienen dazu, Informationen in eindeutiger Form festzuhalten und fachkompetenten Lesern zu vermitteln.
Umgangssprache enthält eine subjektive Wertung
Umgangssprachliche Begriffe sind (unter anderem) daran zu erkennen, dass sie einen Gegenstand nicht nur beschreiben, sondern zugleich bewerten. Dadurch tragen sie eine subjektive Sichtweise in den Text und nehmen die wissenschaftliche Einordnung des Analysegegenstands vorweg. Umgangssprachliche Begriffe müssen durch Begriffe ersetzt werden, die den Gegenstand wertneutral in seinen forschungsrelevanten Eigenschaften beschreiben. Manchmal bietet es sich an, auf eine nähere Beschreibung des Gegenstands zu verzichten, soweit diese keine Relevanz für das Forschungsprojekt hat.
Umgangssprache drückt persönliche Begeisterung aus
Der persönliche Bezug des Verfassers zur Forschung darf keinen Einfluss auf eine wissenschaftliche Arbeit haben. Daher sollten weder Begeisterung noch Enttäuschung in der Arbeit Erwähnung finden. Dasselbe gilt für etwaige Faszination gegenüber dem Analysegegenstand. Die Leser interessieren sich für wissenschaftliche Inhalte, nicht für die emotionale Verfasstheit oder die Ambitionen des Autors. In den meisten Fällen lassen sich persönliche Anmerkungen ersatzlos streichen.
Metaphern und Redewendungen vermeiden
Metaphern und Redewendungen sind nicht geeignet, um Informationen in eindeutiger Form festzuhalten. Sie erfordern kulturelles Wissen, um die Bedeutung der Aussage in ihrem jeweiligen Kontext verstehen zu können. Diese Voraussetzung erschwert den Zugang zum Text und steht einer klaren und zielgerichteten Ausdrucksweise entgegen. Daher solltest du Metaphern und Redewendungen in wissenschaftlichen Arbeiten vermeiden und durch eindeutige Aussagen ersetzen.
Beispiele für Redewendungen:
- Das ist Jacke wie Hose.
- Die Daten sind nicht das Gelbe vom Ei.
- Die Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen.
- Doch niemand bemerkte das Damoklesschwert, das über der Veranstaltung hing.
- Dies war sein persönlicher Gang nach Canossa.
Umgangssprache und Füllwörter
Inhaltlich und grammatikalisch überflüssige Wörter werden als Füllwörter bezeichnet. Sie sind einer der Hauptverursacher von Umgangssprache in wissenschaftlichen Texten. Sie verlängern Sätze (unnötig), stören den Lesefluss und verringern die wissenschaftliche Präzision. Oft entstehen sie unbewusst oder werden genutzt, um unsichere Aussagen zu relativieren.2 Es ist ratsam, wenigstens einen Arbeitsschritt ins Entfernen von Füllwörtern zu investieren.
Du kannst Füllwörter daran erkennen, dass sie für die Bedeutung des Satzes unerheblich sind und/oder einen Bedeutungsaspekt ausdrücken, der für das Forschungsthema irrelevant ist. Viele Füllwörter sind Partikel, die aus der gesprochenen Sprache stammen, schriftsprachlich jedoch keinen Zweck erfüllen.
Beispiele für Füllwörter
- relativ
- ja
- genau
- sozusagen
- eigentlich
- schon
- nämlich
- einfach
- wohl
- durchaus
- bloß
- halt
Umgangssprache vermeiden: Tipps
Im Folgenden haben wir dir noch einige Tipps zusammengeschrieben, damit du Umgangssprache effektiv vermeiden kannst:
- keine eigenen Gefühle im Text ausdrücken
- alle Bewertungen durch Daten/Beispiele belegen
- emotional aufgeladene Begriffe vermeiden
- objektive Sprache verwenden
- Trennung von Beschreibung und Bewertung aufrechterhalten
- Füllwörter entfernen
- auf Redewendungen und Metaphern vollständig verzichten
- nichts für selbstverständlich nehmen
- sich nicht an der gesprochenen Sprache orientieren
- nicht übertreiben, so konkret wie möglich bleiben
Häufig gestellte Fragen
Zur Umgangssprache gehören vorrangig Äußerungen aus dem alltäglichen Sprachgebrauch, die der gesprochenen Sprache entnommen sind und subjektive Eindrücke des Verfassers in expressiver Form wiedergeben. Die Umgangssprache steht im Gegensatz zur Fachsprache, die sich um eine neutrale Schilderung des jeweiligen Gegenstands bemüht. Sowohl Satzbau als auch Wortwahl können umgangssprachlich sein.
Während ein fachsprachlicher Text eine neutrale Perspektive bemüht und personenunabhängig nachvollziehbar ist, erzeugt Umgangssprache einen subjektiven Standpunkt, ohne diesen zu reflektieren. Umgangssprachliche Äußerungen verwässern die wissenschaftliche Aussagekraft des Textes.
Du kannst Umgangssprache vermeiden, indem du auf Superlative verzichtest (soweit sie nicht unmittelbar von dir belegt werden), Ausdrücke persönlicher Verwunderung/Begeisterung/Bestürzung unterlässt, keine Redewendungen oder Füllwörter verwendest und emotionale Begriffe durch sachliche Alternativen ersetzt. Außerdem solltest du nur Wertungen vornehmen, deren Gehalt du innerhalb des Textes belegst.
Emotionale Begriffe sind oft daran zu erkennen, dass sie eine Eigenschaft mit einer Wertung verbinden (zum Beispiel: gewaltig, selbstverständlich, zwecklos).
Sätze mit „man“ werden häufig als umgangssprachlich empfunden, da sie eine Allgemeinheit behaupten, die der Text nicht näher definiert (zum Beispiel: „Damals dachte man, die Sonne kreise um die Erde.“).
Quellen
1 Universität zu Köln: Einführung in wissenschaftliches Arbeiten, in: Universität zu Köln, o. D., [online] https://www.hf.uni-koeln.de/data/eso24/File/Reader%20zum%20wissenschaftlichen%20Arbeiten.pdf (zuletzt abgerufen am 21.11.2022)
2 Universität Trier: Leitfaden für wissenschaftliche Arbeiten, in: Universität Trier, o. D., [online] https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb4/prof/INF/WI1/Fuer_schriftliche_Ausarbeitungen/Leitfaden_fuer_wissenschaftliche_Arbeiten.pdf (zuletzt abgerufen am 21.11.2022)